Mederanyo erhob sich und streckte die Glieder, bis sein Brustkorb fast den harten Boden berührte. Dann richtete er sich wieder auf und schüttelte kurz seinen Kopf. "Die Rudel findest du im Zentral Park." sagte er und blickte Frost an. Seine orange-braunen Augen blitzten verächtlich, wegen der Rudel, auf. "Ehrlich gesagt finde ich das ja sehr unfair, dass die sich das gesamte Grün an die Krallen reißen und wir immer in diesem Drecksloch leben müssen, ohne das wir auch nur eine Pfote in ihr Territorium setzen dürfen." Die Verachtung war in seiner Stimme nicht zu überhören. "Ich lebe nun schon so lange hier, dass ich sehe, dass manche von ihnen sogar hierher kommen."

Frost legte den weißen Kopf schief und dachte nach. "Wieso lebst du dann in New York. Du könntest genauso gut weggehen... oder dich einem Rudel anschließen." Sie zuckte mit den Ohren und schnaubte "Aber dann wäre weglaufen wohl die erste Wahl, ich merke, dass du die Rudel auch nicht besonders magst." sie beugte sie etwas nach vorne und verlagerte das Gewicht auf die Vorderpfoten, dann beobachtete sie den stämmigen Wolf vor ihr. Er sah erfahrener aus als sie, muskulöser und mit einigen Kampfnarben, sie selbst könnte man dagegen schon fast für eine Züchtung halten, doch das störte sie nicht weiter, solange kein Mensch sie mitnehmen würde.

Mederanyo erwiderte ihren Blick ungerührt. "Warum sollte ich weggehen? Ich bin hier geboren worden. Ich kenne diese Gegend hier besser als irgendwer sonst. Noch nicht einmal diese verdammten Rudel kennen New York so gut wie ich, da sie nur in ihrem Park leben." Der große Rüde schnaubte, als Frost sagte, er würde die Rudel nicht besonders mögen. "Das liegt im Blut." bellte er daraufhin nur knapp und sah die weiße Wölfin eindringlich an. "Doch warum hast du dich hierher verirrt?"

"Hab gehört, dass es hier andere Wölfe gibt." antwortete Frost "Und andere Wölfe bedeuten, dass die Menschen an Wölfe gewöhnt sind." Sie schlug mit dem Schwanz und dachte kurz nach, dann schaute sie wieder zu Mederanyo. "Er kennt sich hier also gut aus..." schoss ihr durch den Kopf und sie senkte den Blick auf den Boden, um ihre Gedanken zu ordnen. "Wieso suchst du dir keine Verbündeten?" fragte sie plötzlich.

Mederanyo wendete seinen Blick von Frost ab. "Ich suche mir keine Feinde." erwiderte er. Er mochte es nicht, wenn man ihn auf seine Lebensweise ansprach, denn viele konnten nicht verstehen, warum er alleine durch die Straßen zog. Doch er verspürte auch nicht den Drang, dies zu ändern. Das war nicht immer so gewesen. Damals, als er noch jung war, ist seine Familie bei ihm gewesen - heute war die Hälfte davon tot und die andere Hälfte verschollen. "Warum magst du die Rudel nicht?" Er drehte seinen Kopf wieder der Fähe zu.

Frost kniff die Augen zusammen, als Mederanyo antwortete. Sie konnte mit seiner Erwiederung nichts anfangen, jedoch wollte sie nicht weiter nachfragen. Sie leckte sich über die Schnauze und stellte die Ohren auf. "Ich will von niemandem angeführt werden." antwortete sie und schaute auf die Straße. "Zusammen zu leben ist in Ordnung, aber einen Anführer brauche ich nicht. Ich kann meine Entscheidungen selbst treffen" Sie kratzte kurz mit einer Vorderpfote über den Boden, bevor sie weitersprach "Ausserdem... Wüsste ich nicht wozu es gut sein soll alle anderen zu unterdrücken. Und du? Was ist mit dir?"

Mederanyo lauschte Frost's Worten. "Jeder Wolf ist dazu in der Lage, selbst Entscheidungen zu treffen. Die Meisten haben es nur verlernt." bellte er und schaute nachdenklich auf die Straße. Er wusste zunächst nicht, ob er ihr auf diese Frage antworten sollte. Seufzend schloss er die Augen und sah seinen Vater vor sich, einen stolzen Streuner, der unantastbar war. Unwillkürlich stellte Mederanyo fest, dass er ihm sehr ähnelte. "Mein Vater... wurde im Rudel geboren." sagte er und schlug seine Augen wieder auf. Ja, er war zur Hälfte ein Rudelwolf. Doch er schnippte mit einem Ohr, als Zeichen, dass er nicht darüber reden wollte. Er hatte schon zu viel gesagt, doch womöglich konnte man nur Verbündete gewinnen, wenn man auch etwas über sich preisgab. Auch, wenn es noch so winzig war.

Als Mederanyo die Sache über seinen Vater erzählte, drehte Frost den Kopf zu ihm. "Das ist doch eher ein Grund für dich, die Rudel zu mögen." meinte sie, verzichtete auf eine Antwort. "Nun..." Unschlüssig leckte sie sich über die Schulter, dann atmete sie ein. "Ich hab so langsam die Schnauze voll von Ratten und Mäusen... Ich komme aus keiner Stadt, wo finde ich denn hier was ordentliches zu fressen?" fragte sie vorsichtig. Sie wollte sich nicht als hilflos und unwissend darstellen, obwohl sie das im Moment war, aber keinesfalls unintelligend. Im Gegenteil.

Mederanyo neigte den Kopf. "Am Hafen gibt es Fische. Und im Zentral Park Kaninchen und alles, was sonst in der Natur lebt. Na ja, fast alles." Ein sarkastisches Winseln war zu hören. "Und die Rudel findest du dort auch." Er lief ein Stück auf die Straße, seine großen Pfoten machten auf dem harten Asphalt kaum ein Geräusch. Er war diesen harten Boden gewöhnt, er war diesen Tumult der Stadt gewöhnt, er war es gewöhnt, Ratten, Mäuse und Müll zu fressen. Doch warum? In diesem Park würde es viel nahrhaftere Nahrung geben. Frisches Kaninchenfleisch, frische, saftige Mäuse. Weiches Gras unter den Pfoten und frischen Wind im Fell spüren. Das alles blieb ihm verwehrt, nur weil die verdammten Rudel dort lebten. "Ich geh zur Jagd." sagte er und fing an, an der Straße entlang zulaufen.

Frost schnaubte. "Und wo sind die Rudel nicht?" fragte sie sich, sagte aber nichts. Sie setzte sich in den Schatten und schaute dem braunen Wolf hinterher. "Ob er wieder kommt?" Sie entschied sich dafür, ihm nicht unaufgefordert weiter hinterher zu laufen, da sie ihn nicht reizen wollte, also entschloss sie sich, eine Weile warten. Ihr Magen fühlte sich leer an. sie sah sich um und spitzte die Ohren. Die Ratten und Mäuse hier waren anders als in ihrem alten zuhause, sie schmeckten sogar anders. Nach Chemie, nicht nach Natur, was auch garkein Wunder war, da die Nagetiere sich von allem Möglichem ernährten. Die weiße Fähe fing erfölgreich eine kleine Maus, die sie sogleich verschlang.

Mederanyo lief weiter, während er sich fragte, ob das, was er vorhatte, wirklich eine gute Idee war. Er blieb stehen und sah über die Schulter zurück zu Frost, die gerade hungrig eine Maus verschlang. Na ja, der Hunger trieb es hinein. Er wusste, dass er vermutlich Schwierigkeiten bekommen würde, wenn er das Territorium der Rudel betreten würde, doch er hatte es satt, sich von ihnen unterbuttern zu lassen. Ob diese Fähe ihn begleiten würde? Vermutlich würde Mederanyo sie damit nur in Gefahr bringen. "Lust auf ein frisches, saftiges Kaninchen?" bellte er schließlich und war überrascht von sich selbst.

Frost hob den Kopf. "Ich dachte, Kaninchen sind nur im Central Park." antwprtete sie und stellte die Ohren auf. Mederanyo hatte selbst gesagt, dass dort die Rudel sind und die weiße Fähe bezweifelte, dass man unbemerkt dort jagen könnte. Sie stand auf und streckte sich, bevor sie zu ihm hinüber ging. "Nun ja, zu zweit hat man mehr Chancen als alleine." schoss ihr durch den Kopf, als sie überlegte, wieso der Rüde sie darauf ansprach. Unsicher nickte sie.

Mederanyo drehte sich vollständig zu Frost um, damit er sie besser sehen konnte. "Stimmt, und diese Rudel gibt es dort auch." erwiderte er und lächelte. "Du kannst natürlich hierbleiben, wenn es dir zu gefährlich ist. Ich möchte nicht, dass du Angst hast." fügte er hinzu, als er die verunsicherte Miene der Fähe sah. "Es ist nämlich relativ Wahrscheinlich, dass wir einem Rudelwolf begegnen." fragend blickte er die Weiße an und wartete auf eine Reaktion. Der Rüde hatte es einfach satt, sich täglich mit Mäusen, Ratten und Müllresten zufrieden zugeben, weshalb er lieber im Park jagen wollte. Zumal er es noch immer ungerecht fand, dass die Rudel in der Natur leben durften, während freie Streuner ihr 'Territorium' nicht betreten durften.

Frost trat ein paar Schritte nach vorne, sodass sie direkt vor Mederanyo stand. "Und ich lass mir den ganzen Spaß entehen?" knurrte sie amüsiert und schaute den Rüden an. "Natürlich komme ich mit. Ausserdem... stellt ein einzelner Wolf keine große Gefahr da, oder?" sie straffte die Schultern und wartete, dass der Streuner vorran ging., da sie glaubte, dass er einige Abkürzungen oder Geheimwege kannte. Aus irgend einem Grund vertraute sie ihm schon nach kurzer Zeit.

Mederanyo hielt dem Blick der hübschen Fähe stand, dann lächelte er mild aber triumphierend. "Na dann, lass uns aufbrechen. Sie werden nicht ahnen, dass sie Besuch vom Sohn ihres ehemaligen Alphas erhalten." knurrte er und drehte er sich um, um die Straße entlang zu laufen. Plötzlich jagte neue Energie durch seinen Körper und ließ sein Fell kribbeln. Schon lange hatte er sich nicht mehr auf solch eine 'Mission' begeben und noch viel länger hatte er schon keine Begleitung mehr. Neben Frost zu traben fühlte sich irgendwie merkwürdig fremd an, aber auf der anderen Seite auch wieder vertraut.

---> Moonpack-Territory // Park

Frost nickte entschlossen. Bevor sie los lief, schaute sie noch einmal über ihre Schulter, dann wendete sie den Blick wieder nach vorne. Sie fand es etwas komisch, dass Mederanyo plötzlich so abenteuerlustig war, jedoch zögerte sie nicht ihm zu folgen. Mit eleganten Schritten lief sie neben ihm her, den Blick fest nach vorne gerichtet. Ab und zu zuckten ihre Ohren in eine Richtung, ais der ein Knarzen oder Rufe eines Menschen zu hören waren, sie schenkte dem jedoch nicht viel Aufmerksamkeit und konzentrierte sich darauf, nicht hinter dem Rüden zurück zu fallen.

---> Moonpack-Territory / Park

<--- Times Square

Ich schlüpfte, um den tobenden Menschenmassen zu entkommen, hinein in die schattigen Gassen. Sofort drang der Gestank nach Hundekot in meine Nase, worauf ich mein Fell sträubte. Es war noch frisch. Meine Augen wanderten durch die Dunkelheit in den lauernden Schatten, konnten jedoch nirgendwo etwas ausmachen. 'Mein Kind, ich gebe dir nun die Möglichkeit, mir meinen letzten Wunsch zu erfüllen. Töte die jetzige Alphafähe des Moonpacks, denn in ihrem Blut fließt das Gift des Verrates.' Ich erstarrte, als ich plötzlich die Worte meines toten Mentors hörte. Ich blieb stehen und kniff die Augen zusammen. 'Ich werde dich nicht enttäuschen.' Genau deswegen war ich hier. Ich war auf dem Weg zum Moonpack-Territorium, um die neue Alphafähe zu auszuschalten, genau wie er er es mir kurz vor seinem Tod befohlen hatte. Doch ich musste es klug anstellen. Ich durfte mir keine Fehler erlauben. Vorsichtig schlich ich weiter durch den engen Gang einer stinkenden Gasse, als plötzlich ein großer Hund auftauchte und mich zähnefletschend anfunkelte. Er war - zu meiner Entrüstung - viel größer als ich, muskulös gebaut und dunkelbraun-schwarz. Er trat näher, seine Augen glühten vor Feindseligkeit. Offensichtlich war ich gerade unwissend in das Revier eines streitfreudigen Köters eingedrungen, der mir nun mit seinem massigen Körper den Ausgang blockierte. Der einzige Fluchtweg war zurück zu laufen, in die unerschöpfliche Menschenmasse, was wahrscheinlich auch das Klügste wäre, denn der Hund war um einiges stärker als ich. Dennoch wollte ich mein Glück zumindest versuchen und nicht sofort den Schwanz einziehen, denn das verletzte meinen Stolz. Also zog ich knurrend meine Lefzen hoch und sträubte mein Nackenfell, worauf der Hund für wenige Augenblicke überrascht wirkte. Doch er fing sich sofort wieder, straffte die Muskeln und stürmte plötzlich laut Kläffend auf mich zu. Erschüttert sog ich die Luft ein, tappte kurz unschlüssig in der engen Gasse zurück und starrte meinen Angreifer aus aufgerissenen, goldenen Augen an. Einen Moment überlegte ich, ob ich ihm vielleicht irgendwie ausweichen konnte, doch dann entschied ich mich für die klügste Variante, wirbelte herum und stürmte den Weg zurück. "Au!" winselte ich laut, als ich plötzlich einen stechenden Schmerz in meiner rechten Vorderpfote spürte, der mich fast beim Laufen behinderte. 'Schöne Scheiße!' Ich biss die Zähne zusammen, denn das laute Kläffen und Trampeln des Hundes kam immer näher. Schnell brach ich aus der Gasse hinaus auf die Straße und befürchtete vor Schmerz, dass mir meine Pfote abfiel. Ich konnte sehen, dass ich mit jedem Sprung eine stolze Ladung Blut hinterließ, doch ich rannte weiter, aus Angst, der Hund würde irgendwo weiterhin auf mich lauern, obwohl ich ihn nicht mehr sehen konnte. Manchmal war es eben besser den Kopf einzuziehen, bevor er einem abgebissen wurde.

---> weiß ich noch nicht